- Ich frage mich, ob das Phänomen Empöreria/SJW die Antwort der Generation Perspektivlos auf ihre Perspektivlosigkeit ist. Quasi als "Fuck You" an das Establishment. Instinktiv verstehen die schon, dass hier eine Unterdrückung stattfindet, und dass sie die Opfer sind, aber zu weitergehenden Denkprozessen reicht es dann nicht mehr. Wie auch, angesichts der Lage an unseren Schulen.
- Statt gegen real stattfindende und die Mehrheit der Bevölkerung tatsächlich unterdrückende Dinge wie die Chancenrhetorik, den Mindestlohn-"Kompromiss" (harr harr), die gezielte Zerstörung der gesetzlichen Krankenversicherung, gegen das großflächige Herunterwirtschaften der Schulen, dass Unis Drittmittel einwerben müssen, … vorzugehen — es gibt so viele Dinge, über die man sich rechtschaffen empören kann! — stattdessen bauen sie sich ihre eigene kleine Welt zurecht, erfinden eine eigene Sprache, und erreichen dann in ihrer Parallelwelt eine zum Teil wirklich eindrucksvolle Detailkenntnis.
- Das alles beobachte ich schon länger, aber heute ist mir eine Parallele aufgefallen. Und zwar beschreibt Chomsky sehr schön, dass die Leute, abgestoßen und angeekelt von der Politik, und von dem (künstlich von den Regierenden erzeugten) Gefühl der Machtlosigkeit getrieben, sich dem Sport zuwenden. Das ist für ihr Leben völlig belanglos, aber die Leute am Stammtisch können die Trainer und Mitspieler von irgendwelchen Fußballclubs aufzählen, aber keiner kennt die Namen aller Minister. Wer von den Ministern ist nochmal für Sport zuständig? Nicht mal das weiß man! Aber wer Uli Höneß ist, das weiß jeder. Chomsky deutet das so, dass die Leute eigentlich schon Lust, Energie und Willen haben, sich in den Politik-Prozess einzubringen, aber den nach kräftiger Abschreckung dann lieber zu "unkontroversen" Bereichen wie Sport umlenken. Bereiche, die überhaupt keinen Einfluss auf ihr Leben haben. Während die Grundsteine ihres Lebens nebenan von der Politik systematisch abgebaut werden.
- Und ich glaube jetzt, dass die SJW-Bewegung auch sowas ist. Nur dass die noch nicht so alt sind wie die Stammtischler, und daher noch nicht so weit vom Kurs abgekommen sind wie die. Was meint ihr?
- Ich sehe übrigens Star Trek und co auch unter diesem Gesichtspunkt. Man sucht sich halt was, was weniger abstoßend und hässlich ist als die Politik, und da ist man dann aber der König und begibt sich in eine Echokammer von Gleichgesinnten, die sich gegenseitig darin bestärken, wer jetzt der bessere Captain war. Oder halt dass es das Wort "CIS-männlich" gibt und die "Studierxs" unterdrückt werden, und man das weniger schlimm machen kann, wenn man ein Binnen-I oder Sternchen in Wörter reintut.
- Und irgendwann wacht man auf und stellt fest: ich bin arbeitslos und habe keine Kenntnisse, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind, und alle Schutznetzfunktionen des Staates wurden erodiert, während ich mich für Transgender-Einhörner eingesetzt habe. Und dann wird man Fußball-Interessierter.