1. In der folgenden Checkliste für eine Hochbegabung im Erwachsenenalter sind sowohl besondere Fähigkeiten, als auch typische Eigenschaften und spezielle Schwierigkeiten aufgeführt, die sich bei vielen Hochbegabten beobachten lassen. Diese umfassende Betrachtung von Hochbegabung macht die Liste lang - eröffnet aber wiederum die Möglichkeit, sich ein Bild der vielen Facetten und Auswirkungen von außergewöhnlicher Begabung zu machen und diese ggfs. als "roten Faden" im eigenen Leben wieder zu erkennen. Allerdings müssen selbstverständlich nicht alle dieser Anzeichen vorhanden sein, um von einer Hochbegabung ausgehen zu können.
2. Die Checkliste hat weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann sie Ihnen die Gewissheit geben, hochbegabt zu sein. Sie soll Ihnen lediglich erste Anhaltspunkte liefern.
3.  
4. Zu Beginn macht es Sinn, dass Sie Ihre Kindheit und Jugend unter dem Fokus einer möglichen Hochbegabung Revue passieren lassen. Anschließend geht die Liste auf Auffälligkeiten im Erwachsenenalter ein.
5. 1. Kindheit und Jugend
6. Eine Hochbegabung entwickelt sich früh. Schon hochbegabte Säuglinge scheinen eine besondere Reizoffenheit und gleichzeitig ein hohes kognitives Potenzial mitzubringen, so dass sie von Anfang an viele Reize aufnehmen und besonders schnell und intensiv verarbeiten. Folgende Auffälligkeiten zeigen sich häufig schon in der Kindheit:
7. a) Vom Säuglings- bis zum Kindergartenalter
8. Einige Säuglinge haben schon in den ersten Lebenswochen einen besonders „wachen“ Blick, lächeln und kommunizieren auffallend früh.
9. Manchmal gibt es Auffälligkeiten im Schlafbedürfnis: Das Kind schläft deutlich weniger oder deutlich mehr als die meisten Gleichaltrigen.
10. Frühes Sprechen
11. Überspringen einer Entwicklungsphase, z. B. des Krabbelns oder der Babysprache
12. Schon vor der Einschulung aus eigener Motivation Buchstaben oder Zahlen lesen / schreiben
13. Frühes Interesse an philosophischen Fragen
14. Gutes Gedächtnis
15. Manchmal kein Interesse an altersgemäßen Beschäftigungen, z. B. im Kindergarten
16. Oft ist die geistige Entwicklung der emotionalen / physischen Entwicklung voraus.
17. b) Grundschul- und Jugendalter
18.  
19.  Lernen und Denken:
20. Schnelles Erfassen von Ursache-Wirkungs-Beziehungen, vielschichtiges Denken, gutes Abstraktionsvermögen
21. Hohes Detailwissen in bevorzugten Bereichen
22. Ungewöhnlich ausgeprägter Wortschatz und sprachlicher Ausdruck
23. Hohes Lerntempo, gute Konzentrationsfähigkeit
24. Bevorzugung selbstständiger, unabhängiger und kreativer Arbeit sowie hoher Ziele
25. Nutzung ungewöhnlicher Lösungswege
26.  
27. Arbeitsverhalten und Interessen:
28. Starke Vertiefung in aus eigener Motivation gewählte manchmal sehr ungewöhnliche Projekte
29. Sehr gute Selbstmotivation
30. Perfektionistische Ansprüche an sich selbst und an andere
31. Große Neugier, viele Interessen
32. Lesebegeisterung (Bücher, die weit über dem Altersniveau liegen)
33. Kreative Ideen einbringen / Fantasie
34. Sich gern mit philosophischen oder anderen abstrakten und komplexen Themen beschäftigen
35.  
36. Schule:
37. Leicht erzielte auffällig gute Noten (aber nicht jeder Hochbegabte ist ein guter Schüler und nicht jede gute Schülerin ist hochbegabt)
38. Langeweile bis hin zur Arbeitsverweigerung bei Routineaufgaben
39. Manchmal kein Interesse am Schulstoff der Jahrgangsstufe
40. Manchmal Stören der anderen Kinder, um Aufmerksamkeit zu erlangen (Klassenclown)
41.  
42. Sozialverhalten / Umgang mit anderen Menschen:
43. Kritisches Hinterfragen von Autoritäten und Normen / eigene Meinung vertreten / starker Individualismus / Hinterfragen der Geschlechterrollen
44. Ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und Einfühlungsvermögen
45. Wahl deutlich älterer Freunde und Gesprächspartner
46. Bevorzugung verbaler gegenüber körperlicher Auseinandersetzungen
47. Neigung dazu, über Situationen zu bestimmen
48. Intellektuell sehr weit entwickelt, emotional aber auf alterstypischem Niveau
49. Gefühl von Isolation und Einsamkeit / gerät durch andere Ausdrucksweise, den hohen Leistungsanspruch an sich und andere sowie abweichende Interessen häufig in eine Außenseiterposition
50. 2. Anzeichen einer Hochbegabung bei Erwachsenen
51. 1. Einige wesentliche Kindheitserinnerungen passen zu den oben genannten Auffälligkeiten
52. 2. Bildung
53. Äußere Anzeichen für eine Hochbegabung können sein: ein abgeschlossenes Hochschulstudium, eine Promotion (sie zählt in vielen Studien als Indiz für einen IQ über 130), sehr gute Abschlussnoten (es gibt aber auch Hochbegabte ohne Schulabschluss bzw. ohne abgeschlossene Ausbildung!)
54. 3. Denken und Lernen
55. Schnelle Auffassungsgabe, schnelles Erkennen von Zusammenhängen, die Fähigkeit, verschiedene Perspektiven einnehmen zu können
56. Hohes Lerntempo
57. Manchmal ein sehr gutes und weit zurück reichendes Gedächtnis
58. Bevorzugtes Arbeiten und Lernen aus Eigenmotivation, an selbst gewählten Aufgaben bzw. zu selbst gewählten Themen / hierbei Phasen der Versunkenheit mit Verlust des Zeitgefühls
59. Eine Vielzahl mit Leichtigkeit erworbener Fähigkeiten: z. B. Beherrschen mehrerer Fremdsprachen, des Spiels mehrerer Musikinstrumente, o. a.
60. Ideenvielfalt / Originalität der Lösungsideen, Kreativität, Erfindungsreichtum / Freude am eigenständigen Weiterentwickeln von Gedanken
61. Schwierigkeiten bei einfachen Aufgaben, Leichtigkeit bei komplizierten Aufgaben
62. Vorauseilendes Denken, Ungeduld und Langeweile, Ablenkbarkeit
63. 4. Persönlichkeit, Verhalten, Umgang mit sich selbst und mit anderen Menschen
64. Vielschichtige, manchmal widersprüchliche Persönlichkeiten
65. Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, der eigenen Person, den gesetzten Zielen, auch an der eigenen Intelligenz (Fokus auf das, was man nicht kann und nicht weiß) – manchmal im Wechsel mit Selbstüberschätzung
66. Perfektionismus: überhöhte Erwartungen an sich selbst und andere
67. Absurder Humor / Fähigkeit zur Selbstironie
68. Starkes Einfühlungsvermögen / hohes Mitgefühl
69. Fähigkeit zur Selbstexploration
70. Häufig nicht fähig zu Smalltalk / Neigung zu Monologen / in der Begegnung mit intellektuell ähnlich Begabten: häufig schneller Einstieg in tiefe Gespräche
71. Oft intuitive Wahl ebenfalls hochbegabter Freunde / Partner
72. Hohe Ansprüche an Freundschaften und Beziehungen
73. Oft ausgeprägter „Charme“, der leichte und intensive Kontakte zu Fremden ermöglicht; dennoch immer wieder Phasen der Einsamkeit / des Rückzugs
74. Häufig eine gesteigerte Sensitivität / hohe Reizempfindlichkeit: Lärm, Gerüche, Berührungen, Schmerz, visuelle Eindrücke und Stimmungen werden ungewöhnlich intensiv wahrgenommen und verarbeitet.
75. Starke Emotionen, Dünnhäutigkeit, Gefühlsausbrüche, Stimmungsschwankungen
76. Hinterfragen von Autoritäten und Hierarchien, Nonkonformismus, nachdrückliches Vertreten persönlicher Meinungen
77. Sich falsch fühlen in dieser Welt, „wie von einem anderen Stern“
78. Schon früh die Sorge entwickeln, die eigene Lebenszeit könne zu kurz sein, um geplante Werke und Aufgaben zu vollenden
79. Schnelles Aufgeben von dem, was nicht auf Anhieb gelingt (da in der Kindheit und Jugend die Erfahrung vorherrschte, dass einem „alles zufällt“)
80. Häufig hohe Eigenverantwortlichkeit, oft aber auch Kompromisslosigkeit und Uneinsichtigkeit
81. 5. Interessen und Werte
82. Vielseitige Interessen und Abneigung gegen Wiederholung
83. Kreatives künstlerisches Potenzial (Kunst, Musik, Poesie / Literatur, Tanz, Theater / Film...)
84. Aufgrund der vielen Interessen, Talente und Perspektiven: Schwierigkeiten bei der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung
85. Häufiges Lesen, intensive Nutzung des Internets (z. B. für Recherchen)
86. Großer Freiheitsdrang
87. Große Bedeutung bestimmter Ideale und Werte wie z. B. Gerechtigkeit, Liebe zur Natur, Respekt vor anderen Kulturen u. a.
88. Neigung, gegensätzliche und extreme Erfahrungen machen zu wollen und dabei auch Risiken und Belastungen nicht zu scheuen / Wunsch, das Leben von all seinen Seiten kennen zu lernen und eigene Erfahrungen zu machen, statt sich mit dem dokumentierten Wissen anderer zu begnügen
89. 6. Arbeit und Beruf
90. Hoher Ehrgeiz in der Verfolgung von Zielen oder aber Frustration wegen der Unfähigkeit, sich für ein Ziel zu entscheiden
91. Starke Abhängigkeit des Lebensgrundgefühls von der Umsetzung der eigenen Begabungen und Werte
92. Evtl. mehrere Brüche in der Bildungs- und Berufsbiographie
93. Hohe Ansprüche an den Job und an Vorgesetzte / Tendenz zur selbstständigen Tätigkeit
94. Häufig wird beruflicher Erfolg erlangt, das Berufsleben ist aber nicht selten von Unzufriedenheit und wiederkehrenden Problemen gekennzeichnet. Als Beispiele seien genannt:
95. Verbesserungsvorschläge, kritische Anmerkungen, ungewöhnliche Arbeitsmethoden und die Tendenz, schon Lösungen zu präsentieren, wenn andere noch dabei sind, das Problem zu beschreiben,  stoßen bei Kollegen und Vorgesetzten vielfach auf Unverständnis oder Ablehnung.
96. In der Selbstwahrnehmung werden die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten stärker gewichtet als Erfolgserlebnisse.
97. Der Job wird als zu wenig „weltbewegend“ empfunden.
98. Oftmals eine ausgeprägte Abneigung gegen Routinetätigkeiten des alltäglichen Lebens und Arbeitens
99. Originelle Ideen, aber seltener der „lange Atem“, um diese auch detailliert umzusetzen
100. Manchmal Unfähigkeit zur Teamarbeit
101. Weitere Hinweise auf eine Hochbegabung
102. Nicht zuletzt sind auch die eigenen Kinder, bei denen eine Hochbegabung festgestellt worden ist, oft ein Hinweis darauf, dass die Eltern möglicherweise selbst hochbegabt sein könnten.
103. Denn bei allen Umwelteinflüssen, die zur Entfaltung oder aber zum Zurückhalten von Begabungen beitragen können, scheinen doch auch die Gene eine große Rolle zu spielen. Gerade unwissentlich hochbegabte Frauen, die die eigene Karriere zugunsten ihrer Kinder in den Hintergrund gestellt haben und ihre ganze Energie darauf verwenden, ihre begabten Kinder möglichst gut zu fördern, sind häufig wie vor den Kopf gestoßen, wenn sie sich ihrer eigenen Hochbegabung bewusst werden.