- Durch die technische und militärische Überlegenheit westlicher Länder veränderten sich die unter ihren Einfluss geratenen Kulturen grundlegend; fast überall, wohin die „Weißen“ kamen, wurde ein funktionierendes Gemeinwesen geschädigt oder zerstört. Kolonialismus, Imperialismus, Hegemonie* und nicht zuletzt ein sexualmoralischer Missionseifer zwangen einst freien und selbstbewussten Gesellschaften, mit zum Teil uralten Traditionen, westliche Werte und Normen auf und machten sie wirtschaftlich, politisch und religiös abhängig. Weniger entwickelte Völker wurden (und werden noch immer) bevormundet, ihre natürlichen und kulturellen Ressourcen rücksichtslos ausgebeutet. Den „unzivilisierten Wilden“ wurde „schamhaftes“ Verhalten und „sittliche“ Bekleidung aufgezwängt, während gleichzeitig einheimische Frauen und Mädchen häufig als frei zur Verfügung stehende Sexualobjekte betrachtet und ausgebeutet wurden. Die eklatante Doppelmoral der Invasoren kennt viele Beispiele. So kam es im unmittelbaren Schlepptau der Christianisierung Polynesiens zur sexuellen Ausbeutung der Eingeborenen: Frauen und Mädchen wurden zur Prostitution gezwungen, vergewaltigt und zwangsverheiratet; viele durch eingeschleppte Geschlechts- und andere Infektionskrankheiten infiziert. Für die Deflorierung eines jungen Mädchens zahlten die Seeleute hohe Preise. Auch das „Bordell Asiens“ von Bangkok verdankt seine Entstehung unmittelbar den dort in den 1960er und 70er Jahren mit einem großen Kontingent stationierten amerikanischen Streitkräften (vgl. Davies 1985; Till 1990; > 6.3.2).