From Funky Macaque, 6 Years ago, written in Plain Text.
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  1. Eine Grafik, die gerne benutzt wird, um Lehrer über den Delayed After Effect bei Autisten aufzuklären.
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  3. Delayed After Effect
  4. Das ist ein Phänomen, das so nicht nur bei autistischen Kindern vorkommt, sondern Autisten allgemein betrifft.
  5. Es kann sowohl Meltdown als auch Shutdown sein, der sich erst in sicherer Umgebung, daheim, entlädt.
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  7. Was sind Meltdown und Shutdown?
  8. Zunächst gehen wir mal vom Begriff Overload aus. Overload ist die Überladung, die Reizüberflutung.
  9. Jeder Reiz summiert sich im Laufe des Tages auf die vorangegangenen Reize. Jeder Sinn kann betroffen sein.
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  11. Reize durch Kleidung, also z. B. das Gefühl, das Stoffe auf der Haut verursachen, störende Nähte etc.
  12. Reize durch Licht, zu grelles Licht, zu grelle Farben, (hochfrequent) flackernde Lampen (das ist oft ein Flackern, das viele Nicht-Autisten nicht wahrnehmen) etc.
  13. Reize durch Gerüche oder Geschmack, Parfums, Deos etc.
  14. Reize durch Geräusche, sprechende Menschen, summende Geräte oder Netzteile (werden auch oft von Nicht-Autisten nicht wahrgenommen), Vögel, vorbeifahrende Fahrzeuge, tickende Uhren, Tastaturgeklapper etc.
  15. Viele Autisten nehmen auch körpereigene Geräusche oft wahr, die Nicht-Autisten wegblenden. Das eigene Atmen, der Rauschen des Bluts, den Herzschlag etc.
  16. Die Liste ist natürlich nicht vollständig, sie soll nur eine Idee davon geben, was alles Reize sein können, die aufgenommen werden.
  17. Autisten nehmen deutlich mehr Reize bewusst wahr als Nicht-Autisten.
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  19. Auch Stimmungen anderer Menschen werden als Reiz aufgenommen.
  20. Dazu kommen dann Probleme durch andere Dinge.
  21. Zum Beispiel ist es für Autisten oft schwierig, mündliche Anweisungen zu verarbeiten. Es ist besser, ihnen Aufgaben schriftlich zu geben, per E-Mail zum Beispiel.
  22. Anweisungen sollten klar und strukturiert sein, nicht durch die Blume, nicht „verschlüsselt“, nicht durcheinander, nicht zu offen etc.
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  24. Spontane Änderungen sind schwierig aufzunehmen.
  25. Dazu muss der ganze im Kopf geplante Ablauf des Tages komplett wieder zerlegt und neu aufgebaut werden. Einfach etwas „zwischenschieben“ funktioniert nicht.
  26. Der geplante Tagesablauf ist wie ein Bauklotzturm, der kippt, wenn man versucht, irgendwo in die Mitte noch einen Stein zu schieben oder einen herauszunehmen.
  27. Oder eine Perlenkette, bei der man Perlen in der Mitte nur austauschen kann, indem man alle Perlen zunächst abfädelt.
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  29. All dies summiert sich über den Tag zum Overload.
  30. Insbesondere wenn der Autist maskiert, keine, wenige oder andere Hilfsmittel, als ihm eigentlich zusagen, gegen Overload verwendet, um nicht komisch zu wirken, also kein Stimming anwendet, sich nicht zwischendurch zurückziehen kann, keine Kopfhörer oder Sonnenbrille anwendet etc.
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  32. Kommt der Autist dann nach der Schule oder Arbeit oder auch einem sozialen Anlass, einer Feier etc. nach Hause, hat er seine Sicherheit und kann zusammenbrechen.
  33. Bei mir passiert das meist im Shutdown. Nach ca. ½ bis 1 Stunde daheim, die ich brauche, um herauszufinden, wie es mir geht, falle ich ins Bett.
  34. Das ist dann nicht mehr vermeidbar. Ich würde auch dort einschlafen, wo ich gerade sitze oder stehe, ginge ich dann nicht ins Bett.
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  36. Meltdown und Shutdown sind Folgen des Overloads
  37. Meltdown und Shutdown als Folgen des Overloads brechen sich oft erst in sicherer Umgebung Bahn, weil niemand gerne so in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden möchte, solange er es irgendwie vermeiden kann.
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  39. Der Meltdown ist dabei die laute Variante, keinesfalls zu verwechseln mit einem Wutausbruch oder Anfall, auch wenn das nach außen ähnlich aussehen kann.
  40. Es ist keine Wut, es ist Verzweiflung.
  41. Bei manchen bricht er sich auch in Form von wörtlichem Zusammenbruch und Heulen Bahn. Manche verletzen sich selbst oder andere, die dann zu nahe treten oder gar berühren – nicht in böser Absicht, sondern aus schierer verzweifelter Abwehr weiterer Reize durch die Nähe, das Berührtwerden oder das Reden desjenigen, der dann zu nahe tritt.
  42. Der Shutdown ist die ruhige Variante, geht oft mit direktem Schlafbedürfnis einher, mitunter mit der Unfähigkeit zu sprechen etc.
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  44. Das alles sehen Lehrer, Arbeitgeber etc. oft nicht. Dass dann der Arbeitstag läuft, aber im Grunde kein Privatleben mehr existiert, keine Haushaltsführung, kein Pflegen von Freundschaften, keine Hobbys und Spezialinteressen, die wichtig sind zum Aufladen der Kraftreserven, kaum Einkäufe, Ernährung nur noch über Fertiggerichte oder Bestellservices wie Lieferheld läuft – oder im schlimmsten Fall ein paar Tage gar nicht – ist mehr als frustrierend für den Autisten.