- Der folgende kleine Selbst-Test geht anders an die Sache heran als die üblichen Intelligenz-Tests. Er fragt bestimmte Merkmale ab, die man bei Hochbegabten fast immer findet. Es sind nur ein Dutzend von rund 1oo möglichen Merkmalen – aber sie sind wirklich sehr aussagekräftig. Sie basieren auf der heute üblichen Vorstellung davon, wie sich das Gehirn Hochbegabter von dem normal Begabter unterscheidet:
- Das Hochbegabten-Gehirn arbeitet wesentlich schneller und komplexer – so ähnlich wie ein aktueller Computer sich diesbezüglich wesentlich von einem des Jahres 1984 unterscheidet.
- Das Hochbegabten-Gehirn kann dementsprechend schneller und komplexer
- 1. Informationen aufnehmen (= Wahrnehmung)
- 2. Informationen verarbeiten (= Denken)
- 3. Informationen speichern (Gedächtnisinhalte festhalten und abrufen)
- 4. Informationen abgeben (Entscheidungen treffen, reden, schreiben)
- Bei Erwachsenen ist das einfachste HB-Kriterium ihr Erfolg : Überall, wo Hoch- und Höchstleistungen sichtbar sind oder verlangt werden, wird diese Position vermutlich (wenn auch wohl nicht immer) von einem Hochbegabten besetzt. Entsprechend ist ein akademischer Grad (am besten: mit Promotion) und entsprechend hohes Einkommen (um die 50.000 €uro aufwärts) ein deutlicher Hinweis. Oder Spitzensport-Leistungen dokumentieren ein entsprechendes Talent bei Steffi Graf, Boris Becker, Michael Schuhmacher oder Roger Federer.
- Aber Vorsicht: eine steile Aufwärtskarriere ist nicht unbedingt typisch für Hochbegabte. Viele von ihnen scheitern sehr früh (schon in der Schule) oder haben sehr “krumme” Lebensläufe. Deshalb lohnt es sich, die allerersten Kindheitsjahre und den Schulbeginn anzuschauen. Dabei finden wir bereits eine Reihe Merkmale, die diesen kleinen Schnell-Selbsttest gestalten. Aber manches, insbesondere ungewöhnlicher Erfolg, zeigt sich erst bei Erwachsenen. Und so manche Autorenkarriere beginnt erst sehr spät im Leben, nach vielen anderen Lebens-Projekten.
- Doch: Wer sagt schon, dass man ganz oben auf dem Siegertreppchen stehen muss? Dort ist es verdammt einsam und anstrengend. Eine “Etage tiefer” lebt es sich, auch als Hochbegabter, viel angenehmer.
- Allerdings könnte man zugespitzt sagen; Erfolg ist nicht alles im Leben – aber ohne Erfolg ist das Leben recht deprimierend – und das gilt für hochbegabte Underachiever in ganz besonders hohem Maße.
- Kreuzen Sie einfach an, was für Sie zutrifft, nach Selbsteinschätzung:
- 1. Informationen aufnehmen (6 mögliche Punkte)
- ( ) Frühes Lesenlernen (oft schon vor Schuleintritt) ist eines der sichersten Merkmale.
- ( ) Grosse Neugier und Wissbegier, Fragelust (kann sehr nervig werden)
- ( ) Intensive und frühe Nutzung eines Computers (das inzwischen wertvollste und sinnvollste Tool für Hochbegabte) plus intensive und frühe Nutzung des Internets mit hochwertigen Inhalten (zum Beispiel Recherchen zu speziellen Themen)
- ( ) Verfeinerte Wahrnehmung – zum Beispiel vieler neuer Details in fremder Umgebung (Negative Ausprägung: Das kann Angst auslösende Situationen zu übergroßer Bedrohung werden lassen, bis hin zu Panikattacken und Paranoia)
- ( ) Vielseitige Interessen an allen möglichen Themen und Hobbys (die für Außenstehende manchmal nicht in Zusammenhang zu stehen scheinen)
- ( ) Genaue Beobachtungsgabe, mit deren Hilfe eigenständig Schlüsse gezogen werden
- 2. Informationen verarbeiten (13 mögliche Punkte)
- ( ) Hohe Sensibilität für innerpsychische und fremdpsychische Zustände und Geschehnisse (»Prinzessin auf der Erbse« – auch bei Jungen). Negative Ausprägung: Diese Sensibilität kann naturgemäß zu einer erhöhten Störbarkeit in Bezug auf das Selbstwertgefühl führen; extreme Reaktion möglich bei Traumatisierung, die zu psychischer und psychosomatischer Krankheit führen kann (hier ist Psychotherapie dringend notwendig)
- ( ) Querdenker: geht als Erwachsener gerne ungewohnte Pfade und macht sich unorthodoxe Gedanken, denkt nach Meinung anderer gerne »um die Ecke« und wird deshalb von normalbegabten Altersgenossen oft nicht verstanden
- ( ) Im Vergleich zur Altersgruppe deutlich vergrösserter Wortschatz, was leicht zu Schwierigkeiten mit gleichaltrigen Spielkameraden führt; sprachlicher Ausdruck oft auffallend weit entwickelt
- ( ) Schnelleres Begreifen als bei anderen (= höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit für Informationen, Gehirn ist schneller »getaktet«)
- ( ) Denkt als Kind nach Meinung anderer gerne »um die Ecke« und wird deshalb von normalbegabten Altersgenossen oft nicht verstanden; dazu außergewöhnliche Selbstständigkeit im Urteil
- ( ) Denkt gut logisch und kann schon früh abstrahieren (Oberbegriffe bilden) und Analogien finden
- ( ) Schon als Kind Interesse an typischen Erwachsenenthemen wie Religion, Politik, Gerechtigkeit und Philosophie (Grübeln im Sinne von »Was wäre, wenn …«)
- ( ) Vorliebe für ordnende und gliedernde Tätigkeiten (Briefmarkensammeln o.Ä.)
- ( ) Neigung zu Perfektionismus – dies kann sowohl positive wie negative Auswirkungen haben (s. S. 184 im Drama der Hochbegabten)
- ( ) Leichtes Lernen von mehreren Fremdsprachen, die rasch sehr gut beherrscht werden – nicht selten aus eigenem Antrieb (etwa durch frühe fremdsprachliche Lektüre)
- ( ) Erhöhte Konzentration
- ( ) Aus eigenem Antrieb und in raschem Tempo, oft schon vor Schuleintritt, wird der Umgang mit Zahlen und dem Rechnen gesucht und mit Freude geübt (zum Beispiel bis tausend zählen oder Fragen nach der »größten Zahl«, dem »höchsten Gebäude«)
- ( ) Erfindungsreichtum, Kreativität mit Objekten (lässt sich schon bei kleinen Kindern im Umgang mit Legosteinen etc. beobachten – später im Beruf bei Ingenieuren, Architekten usw.)
- 3. Informationen speichern (3 mögliche Punkte)
- ( ) Sehr gutes Gedächtnis zu aktuellen Ereignissen
- ( ) Weit in die Kindheit (etwa bis ins dritte Lebensjahr) zurückreichendes Gedächtnis. Diese Kinder merken sich genau, was sie hören, und verfügen deshalb bald über einen umfangreichen Wissensschatz (Negative Ausprägung: Klugscheißer)
- ( ) Hohes Lerntempo
- 4. Informationen abgeben (11 mögliche Punkte)
- ( ) Gesprochene Sprache Gleichaltrigen manchmal weit voraus
- ( ) Sehr gute und leicht erworbene Schulnoten am Beginn oder während der ganzen Grundschulzeit (diese können jedoch durch falsche oder fehlende Förderung, vor allem aber durch Mobbing verständnisloser Lehrer plötzlich immer schlechter werden – was einem das ganze Leben versauen kann)
- ( ) Selbst initiierte Freizeitaktivitäten (Beispiel: Mitglied in einem Schach-Club werden oder einem Singkreis beitreten)
- ( ) Entscheidungsfreudigkeit (rasches Handeln) Negative Ausprägung: Nervosität, Ungeduld, immer in Eile, Hyperaktivität (Verdacht auf ADHS?)
- ( ) Fähigkeit zur Selbstironie
- ( ) Erfolgsstreben im Beruf mit großer Umsicht und Zielstrebigkeit (s. auch Ehrgeiz)
- ( ) Grosser Ehrgeiz in der Verfolgung der Ziele – das geht weit über Erfolgsstreben hinaus (Negative Ausprägung: von Ehrgeiz zerfressen)
- ( ) Frühes intrinsisches (= selbstgesteuertes) Schreiben als ungewöhnliche Fähigkeit, sich schriftlich auszudrücken (nicht selten wird schon früh in der Pubertät aus eigenem Antrieb Tagebuch geführt oder “gedichtet” – typische Berufe in diesem Bereich sind Journalist, Redakteur, Schriftsteller, Übersetzer)
- ( ) Obgleich die höhere Leistungsfähigkeit oft nur im intellektuellen Bereich sichtbar wird, sind hochbegabte Kinder ihren Alterskollegen häufig auch in ihrer sozialen Kompetenz voraus – dies zeigt sich etwa im Aushandeln von Kompromissen; bei Erwachsenen kann sich dies durch eine entsprechende Berufswahl äußern (Richter, Psychologe, Psychotherapeut)
- ( ) Hochbegabte Kinder werden wegen ihres Andersseins leicht für älter gehalten, als er/sie ist; sie suchen sich deshalb ältere Freunde und wenden sich gerne an ältere Freudne oder Erwachsene, weil er/sie nur mit diesen wichtige Themen besprechen kann. Negative Ausprägung: Problem des Außenseitertums und der Isolation, altklug erscheinen
- ( ) Ungeduld – das ist, last but not least, ein Merkmal, das Sie vielleicht als nicht weiter wichtig einstufen oder gar für unsinnig halten – das ich jedoch als sehr signifikant bewerte. Wer schneller und komplexer denken kann als 97 Prozent der Menschen um ihn/sie herum, MUSS einfach ungeduldig werden. Dreht man diese Beobachtung um, wird daraus ein recht typisches Merkmal für Hochbegabung. Ob man dies in einem der üblichen (Intelligenz-)Tests jemals adäquat erfassen können wird, möchte ich stark bezweifeln. Eine Realität ist es trotzdem. Nicht nur für ADHS-Kinder und -Erwachsene.
- http://www.minotauros-projekt.de/selbst-test/