From Adrian Härtsch, 10 Years ago, written in Plain Text.
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  1. Jugendliche unter Stress – Viel Wirbel um Nichts?
  2. Filed under Gesellschaft
  3. Creator Adrian Härtsch
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  5. Werte Leserin, werter Leser, sind sie gestresst? Ja, nein, vielleicht? Womöglich sind sie gestresst und sie wissen es noch nicht einmal! Anzeichen für Stress sind einfach auszumachen: Angespanntheit, innere Unruhe, Nervosität, etc. Diese Liste liesse sich unendlich lange fortsetzten, doch dies soll nicht Gegenstand dieser Diskussion sein, viel mehr wollen wir uns den Ursachen für Stress bei Jugendlichen widmen.
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  7. Offenbar sind nicht nur die Erwachsenen durch die ständig ansteigenden Anforderungen in der Wirtschaft viel Stress ausgesetzt, auch bei den Jugendlichen gibt es vermehrt Opfer von Stress. Interessanterweise würde sich heute im Durchschnitt jeder 2. Jugendliche als gestresst bezeichnen. Diese hohe Quote überrascht auf den ersten Blick, wenn wir uns verklärt an unsere Jugend zurückerinnern. Viele Erwachsene würden diese Phase im Nachhinein wohl als die gemütlichste ihres Lebens bezeichnen, auch wenn es vermutlich nicht immer einfach war. Sind die Jugendlichen also einfach empfindlicher, bzw. verweichlichter geworden, als dies bei vergangenen Generationen der Fall war?
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  9. Diese Frage ist nicht abschliessend klärbar, aber eines ist sicher, der Druck auf die Heranwachsenden nimmt tatsächlich zu. Die ganze Misere beginnt bereits in der Primarschule. In weiten Teilen der Schweiz wird diese Schulstufe als Indikator verwendet für den weiteren beruflichen Werdegang. Wer sich in der Primarschule tapfer schlägt, der darf im Anschluss eine Sekundarschule besuchen. Für die schulisch Schwächeren gibt es die Realschule als Alternative. Der weitere Weg ist von da an ziemlich fix vorgegeben. Während die Sekundarschüler bei entsprechend guten Leistungen eine fordernde Berufslehre oder sogar das Gymi absolvieren können und die Qual der Wahl haben, so ist das Spektrum für Realschulabsolventen extrem eingeschränkt. Für sie entfällt das Gymnasium als Option gänzlich und auch bei der Lehrstellensuche sind ihre Chancen stark verringert. Wenn die Chefin zwischen einem durchschnittlichen Sekundarschüler und einem guten Realschüler wählen muss, so fällt die Entscheidung nicht selten zu Gunsten des Sekundarschülers aus.
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  11. Während der an und für sich schwierigen Phase der Pubertät werden somit viele Weichen für den eigenen Werdegang bereits (fast) irreversibel gestellt. Zumeist merken die Jugendlichen nicht einmal, was das überhaupt für sie bedeutet und manch einer dürfte wohl erst beim Schreiben von Bewerbungen realisieren, dass das Büffeln von Dreisätzen wohl doch nicht sinnlos gewesen wäre. Ebenfalls erschwerend kommt die angespannte Situation auf dem Lehrstellenmarkt dazu. Somit hätten wir tatsächlich einige gewichtige Stressfaktoren ausgemacht.
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  13. Wie könnte unser Schulsystem die Schüler also besser auf diese tückischen Klippen und Herausforderungen des Arbeitsmarktes vorbereiten? Die Antwort klingt in der Theorie überraschend simpel: Prävention. Es sollte gewährleistet werden, dass jeder Oberstufenschüler die minimalen Anforderungen in der Erstsprache Deutsch und in der Mathematik erfüllt. Diese beiden Kernfächer sind elementar für praktisch alle weiteren Wege, die ein Jugendlicher einschlagen kann. Hat jemand dort Lücken, so sind diese auch später nur schwer zu korrigieren. Aber auch die Einstellung sollte eine grundlegende Veränderung durchmachen. Gute Leistungen in der Schule sollten als erstrebenswert wahrgenommen werden. Ermunterungen durch die Eltern sind wichtig, aber es ist ganz zentral, dass auch unter den Jugendlichen selbst diese Meinung vorherrscht. Ein fruchtbares Lernklima kann manchmal überraschend viel ausmachen!
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  15. Mit all diesen Massnahmen könnte das Leben der Jugendlichen vielleicht ein bisschen stressfreier werden. Immerhin hätten sie dann die Gewissheit, dass sie gut für die Zukunft gerüstet sind und sie könnten dem Ganzen ein bisschen entspannter entgegenblicken.
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  19. Comments
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  21. By: Claude
  22. “Es sollte gewährleistet werden, dass jeder Oberstufenschüler die minimalen Anforderungen [...] in der Mathematik erfüllt.
  23. Gute Leistungen in der Schule sollten als erstrebenswert wahrgenommen werden.”
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  25. Den Stress der Schüler mit noch mehr Schuldruck zu mindern versuchen? Nein. Nein. Nein.
  26. Das Schulsystem muss geändert werden! Es muss an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler angepasst werden. Wir wollen nicht büffeln! Wir wollen spielen. Ausprobieren. Experimentieren. Da lernen wir am meisten!
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  28. Ich kann euch folgendes Video wärmstens ans Herz legen: http://scratchbook.ch/2011/10/02/staatliche-demotivations-und-verdummungsanstalten/
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  30. By: Dr. X
  31. Folgender TED Talk geht in eine ähnliche Richtung, aber in einer viel besseren Qualität:
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  33. http://www.ted.com/talks/ken_robinson_says_schools_kill_creativity.html
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  35. Die staatliche Volksschule wird ihr System so schnell nicht ändern, nicht solange Konservative an der Spitze des Bildungssystems stehen. Die Möglichkeit der freien Schulwahl ist in der Schweiz offensichtlich nicht erwünscht, ansonsten wären die zahlreichen Initiativen dazu nicht allesamt abgeschmettert worden.